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Projekt "Solidarität" 2016

Kooperationsprojekt mit der Leibniz Universität und der Stadt Hannover

Hannah Arendt Tage 2016: Europa – was nun?

Workshop mit dem "Zentrum für politische Schönheit" und Besuch der Hannah Arendt-Tage 2016 in Hannover im Rahmen des "Projekts Solidarität" des Philosophiekurses der Q2

Was für ein Europa wollen wir? Was können wir dafür tun, dieses zu erreichen? Mit diesen Fragen hat sich der Philosophie-LK der Q2 im Zuge der Hannah Arendt Tage 2016 am 28. und 29. Oktober beschäftigt. Besonders im Vordergrund stand bei allen Überlegungen die Frage nach der "Solidariät" zwischen Menschen und Gesellschaften.

Gemeinsam mit unseren beiden Lehrern, Herrn Borczyk und Herrn Peters, fuhren wir am Freitagmorgen, den 28. Oktober 2016, ins Neue Rathaus in Hannover. Dort erwartete uns ein vierstündiger Workshop des Künstler- und Aktivistenkollektivs "Zentrum für politische Schönheit". Zunächst wurde uns erklärt, was dieses Zentrum überhaupt ist und was es macht; dessen Mitglieder seien weder Künstler, noch Aktivisten, noch Politiker. Stattdessen nennen sie sich radikale Humanisten, die sich für ihre Vision von unserer Welt einsetzen. Dazu zählen die unterschiedlichsten Projekte, manche mehr, manche minder legal.

Daraufhin waren wir aufgefordert, uns unsere eigenen Gedanken über die Probleme der Welt zu machen. Unter dem Thema "Was geht gar nicht?" sammelten wir Ideen, um möglichst deutlich (und medienwirksam) auf Probleme wie Diskriminierung, Tierquälerei, Gewalt, Armut und mangelnde Zivilcourage hinzuweisen. Dabei galt: Keine Idee ist zu groß, im Gegenteil. Es ging darum "außerhalb der Box" zu denken. Eine Gruppe nahm dies allzu wörtlich und hatte die Idee, knurrende Boxen in den Metropolen der Welt zu verteilen, um den Hunger der dritten Welt zu symbolisieren und darin Essen für sie zu sammeln. Eine andere Gruppe überlegte, die Tagesschau zu hacken, um eine gegensätzliche Form dieser zu zeigen, die auf die Diskrimination von Herkunft, Religion und Sexualität hinweisen sollte. Wieder eine andere Gruppe kam auf die Idee, einen Markt für "Bio-Mensch" zu veranstalten, um auf das Elend von Tieren hinzuweisen. So kamen die verrücktesten Ideen zustande.

Wir wurden schließlich aus dem Workshop mit den Worten verabschiedet: "Es heißt immer, man könne Vieles nicht machen, aber das stimmt nicht. Denkt groß, denkt anders. Selbst mit Vorstrafe kann man immer noch einen Job finden." Es war ein wahrhaft merkwürdiger Tag.

Fotos: A. Peters

Weniger verrückt, jedoch dennoch sehr interessant, war der darauf folgende Samstag. Wieder fuhren wir früh morgens nach Hannover, doch dieses Mal zum Schloss Herrenhausen, um an einem Vortrag und einer Diskussionsrunde zu Thema "Welches Europa wollen wir?" mit anschließendem Buffet teilzunehmen. Nach der Begrüßung durch den Oberbürgermeister Stefan Schostok wurden die beiden Referenten, EU Haushalts-Komissar Günther Oettinger und die Politikwissinschaftlerin Prof. Dr. Ulrike Guérot, vorgestellt.

Es begann Herr Oettinger, dessen Vortrag von der "europäischen Familie" handelte. Dabei sprach er immer wieder an, dass wir "Frieden exportieren" müssten, denn dieser sei niemals garantiert. Insbesondere das ehemalige Jugoslawien sei noch nicht genug in das "Friedensprojekt Europa" integriert. Deshalb müssten wir an einer gemeinsamen europäischen Zukunft mit einer gemeinsamen Außen- und Entwicklungsstrategie arbeiten. Weiterhin plädierte Oettinger für "ein[en] Binnenmarkt und eine Brücke zum Weltmarkt." Er wies auch auf das demokratische Fundament und die Wichtigkeit der EU hin, die viel zu häufig unterschätzt werde. Er selbst fühle sich tatsächlich mehr europäisch, als deutsch, womit er sich auch mit allen anderen Regionen verbunden fühle, "und das ist mit Bayern weitgehend ebenso." Zum Schluss meinte Oettinger, man müsse in Zukunft weiter an der Stablilisierung Europas arbeiten, denn "gemeinsam haben wir Autorität, alleine sind wir kaum mehr wahrnehmbar." Da die Welt ihmzufolge in Zukunft von nur zwei oder drei Mächten bestimmt werde, müsse Europa daran arbeiten, neben den USA und China die dritte zu werden, "und das geht nur in der europäischen Familie", so seine abschließenden Worte.

Generell schien Herr Oettinger sehr überzeugt von dem, was er sagte. Er war sehr konzentriert, was ihn jedoch nicht davon abhielt, den ein oder anderen Lacher zu provozieren, wie z.B: durch seine Bemerkung über den "Rückzug der Amerikaner - egal wer gewählt wird, Hauptsache nicht der eine - aus Amerika".

Frau Guérots Vortrag schien dagegen deutlich radikaler. Er stand unter dem Titel "Warum Europa eine Republik werden muss!" und war voller Metaphern, Illustrationen und Zitaten. Dabei bezog sie sich immer wieder auf Hannah Arendt und ihre Forderung, neu denken zu dürfen. Ihr Ausgangspunkt war, dass die EU nicht Europa sei, und dass man stattdessen ab 2045 aus allen Staaten Europas eine Republik machen solle. Sie meinte, viele Bürger würden schon heute ein gemeinsames Europa wollen, aber auf einer anderen Grundlage, denn der eropäische Rat repräsentiere momentan nicht die Bürger. "Weil die nächste Generation ein Europa will, wird es ein Europa geben, aber dieses Europa wird ganz anders sein als das heute." Abschließend unterstrich Guérot nochmal die Relevanz von Klassen-, Geschlechter- und Herkunftsgleichberechtigung sowie die von Wahlrechtsgleichheit, Steuergleichheit und gleichem Zugang zu sozialen Rechten.

Anschließend gab es eine durch eine Moderatorin geleitete Diskiussionsrunde. Dabei widersprachen sich Guérot und Oettinger in scheinbar fast allem, aber dennoch blieben beide respektvoll und sachlich. Oettingers Standpunkt blieb weiterhin, man müsse das Beste aus den gegebenen Verträgen machen, während Guérot für eine Umgestaltung Europas, die dessen Perspektive und Anspruch ändere, plädierte. Sie meinte, die Krise sei längst in Europa angekommen, und ob man dies merke, hänge von Herkunft, Bildung und Alter ab. Herr Oettinger stimmte zwar Guérots Zielorientierung zu, sprach sich aber eher für einen "Weg auf Sicht" aus. Weitere Diskussionsthemen waren die Digitalisierung, grenzübergreifende Nachrichtenerstattung und der stete Wandel Europas.

Nachdem Oettinger sich verabschieden musste gab es eine abschließende Fragerunde für das Publikum, in der Fragen wie "Wie viel Identifikation ist überhaupt mit einem so großen und vielfältigen Gebilde wie Europa möglich?" diskutiert wurden.

Generell lässt sich sagen, dass sich die Hannah Arendt Tage durchaus gelohnt haben. Zwischendurch gab es zwar ein paar komische Momente, doch die Frage, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen ist eine, die uns alle etwas angeht. Dementsprechend kann ich nur sagen: Ich freue mich schon auf die Hannah Arendt Tage 2017!

Svea Exner (Q2)

Fotos: A. Peters