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Mathematik-Olympiade
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Festival der Philosophie 2014
Cornel West - ein Philosoph zum Anfassen. Oder: Warum Hannah Arendt in ihrem Grab gelacht hat
Das Festival der Philosophie Hannover ging unter dem herausfordernden Motto "Wie bitte geht Gerechtigkeit?" in seine 4. Runde - und das Hannah-Arendt-Gymnasium war mit allen sechs Philosophiekursen und den unterrichtenden Lehrkräften dabei. Mit dem afroamerikanischen Philosophen Cornel West konnte von den Organisatoren einer der bedeutendsten Intellektuellen der USA als (Star-)Gast gewonnen werden, der mit seiner Belesenheit, seinem Charisma, seiner rhetorischen Gewandtheit und seiner entwaffnenden Nähe nicht nur die Besucher der Eröffnungsveranstaltung im Tagungszentrum Schloss Herrenhausen in seinen Bann zu ziehen vermochte, sondern auch die zahlreichen Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, mit denen er tags darauf zwei Stunden lang in englischer Sprache über Gerechtigkeit diskutierte, auf der Stelle für sich gewann.
Wie alles begann: Schon früh entstand im Rahmen der Festivalvorbereitungen die Idee, eine Begegnung zwischen Cornel West und Schülern stattfinden zu lassen, ihnen die Chance zu eröffnen, sich einmal nicht nur mit Texten zumeist längst verstorbener Philosophen auseinanderzusetzen, sondern - im besten sokratischen Sinne - in einen Dialog mit einem leibhaftigen Philosophen zu treten. Eine Veranstaltung für Schüler sollte es werden, aber insbesondere eine von Schülern. Und schon sahen sich die Philosophieschüler des Kurses PI 323 nicht nur mit einem Semester zur Philosophie Cornel Wests konfrontiert, sondern vor die verantwortungsvolle Aufgabe gestellt, die gesamte Organisation der Diskussionsveranstaltung mit über 200 Teilnehmern zu übernehmen. Noch dazu auf Englisch... Aber da gab es ja Laila - zweisprachig aufgewachsen und daher in besonderer Weise der englischen Sprache mächtig. Die erste Moderatorin war gefunden. Ihr zur Seite wurde Frederik gestellt, ein Schüler mit mehrjähriger Bühnenerfahrung. Umgehend zogen die beiden in ihrer neuen Funktion die Aufmerksamkeit der niedersächsischen Landeshauptstadt auf sich. Ein Filmteam rückte an und drehte einen kurzen Beitrag, in dem die beiden ihre Erwartungen an das Festival und an Cornel West schildern. Obwohl ein Feueralarm die Dreharbeiten behinderte, konnte sich das Ergebnis - im doppelten Sinne - sehen lassen.
Doch keine Zeit, sich auf den Lorbeeren auszuruhen: Auf der Basis von Film- und Textmaterial gelang im Unterricht eine immer tiefere Annäherung an Leben und Werk Cornel Wests. Der Bedeutung von in philosophischen Diskursen eher ungewöhnlichen Zitaten wie: "I'm a bluesman in the life of the mind. I'm a jazzman in the world of ideas." kamen die Schüler mehr und mehr auf die Spur. Die Neugier auf eine Begegnung mit diesem überaus lebendigen Gesamtkunstwerk - Philosoph, Musiker und Schauspieler in einem - wuchs. "Kommt er wirklich nur für uns?", fragte Kira ungläubig. - "Ja, zur Diskussionsveranstaltung kommt er nur für uns."
Der Ansporn, die Sache gut über die Bühne der Cumberlandschen Bühne des Schauspiel Hannover zu bringen, war groß. Eigene Fragen wie "Is justice a Utopia, that can never be achieved?", "Can you teach justice? Should you?" oder "How does music influence justice, if at all?" wurden formuliert, Fragen anderer beteiligter Schulen aus Hannover und Umgebung gesichtet und eine Auswahl für die Diskussionsveranstaltung getroffen. Wir waren bereit für die Begegnung mit Cornel West.
Einige ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen, sich bereits am Donnerstagabend bei der Eröffnungsveranstaltung des Festivals im Schloss Herrenhausen auf Cornel West einzustimmen. Nach dem Vortrag und der sich anschließenden Diskussion ging Laila ohne jede Scheu auf den charismatischen Redner zu und erläuterte ihm unverblümt und in fließendem Englisch, in welcher Weise sie am nächsten Tag miteinander zu tun bekommen würden. Eines war sofort erkennbar: Die beiden hatten einen "Draht" zueinander. Beste Voraussetzungen für die gemeinsame Aktion am Folgetag.
Am Freitagmorgen machten sich dann alle Philosophiekurse des HAG und das Schulorchester auf den Weg nach Hannover: die drei Kurse der E-Phase in Begleitung unserer Referendare Anna Schlie und Robert Borczyk, um eine Aufführung von auf Janne Tellers basierendem Roman "Nichts" im Künstlerhaus zu besuchen, das Orchester in Begleitung von Alban Peters (an diesem Tag als Philosophie- und Musiklehrer im doppelten Einsatz!) und Susanne Klees, um mit Stücken aus Brechts "Dreigroschenoper" für die thematisch passende musikalische Umrahmung der Diskussionsveranstaltung zu sorgen, und die Kurse der Q1 und Q2, um Cornel West in einen anregenden Dialog über Gerechtigkeit zu verstricken. Die Aufregung war spürbar. Zunächst gab es noch ein Wiedersehen mit unserem ehemaligen Referendar Volker Drell, der die Schüleraktion mit vorbereitet hatte.
Und dann war er plötzlich da, der Sokrates unserer Gegenwart - mitten im Geschehen. Und es war, als sei er nie nicht da gewesen, als habe man einen guten alten Bekannten wiedergetroffen, den man schon länger vermisst hatte. Und so mussten erst einmal diverse Umarmungen ausgetauscht und unzählige Erinnerungsfotos geschossen werden. Unsere Kollegin Stefanie Schöll trug mit ihrer omnipräsenten Kamera maßgeblich zur Dokumentation der Ereignisse bei. Die Diskussionsveranstaltung klappte - dank der hervorragenden Vorbereitung durch die Schüler sowie der Spontanität der Moderatoren und des berühmten Gastes - wie am Schnürchen und erreichte ein Maß an Authentizität und Intensität, das vorher niemand erwartet hatte. Noch einmal: Es wurde mit einem Profi philosophiert - in englischer Sprache! Warum er sich entschieden habe, in den USA zu bleiben, obwohl er sie so heftig kritisiere? - Es sei eben nicht leicht, das Land, in dem die eigene Mutter, die eigene Familie lebe zu verlassen, lautete die sehr menschliche Antwort.
Felix, ein ehemaliger (Philosophie-)Schüler des HAG, der gerade ein Praktikum bei einem bekannten Radiosender absolvierte, fing vor und nach der Veranstaltung O-Töne ein und ließ sie noch am selben Tag im Radio hörbar werden. Warmherzig sei er, dieser Cornel West. Ja, warmherzig. Vom Wahrheitsgehalt dieser Behauptung konnte sich auch die am Hannah-Arendt-Gymnasium Barsinghausen unterrichtende Lehrerin überzeugen, die vor Beginn der Diskussion ebenfalls von Cornel West in die Arme geschlossen wurde und Gelegenheit hatte, mit dem Philosophen über ihr Unterrichtsprojekt ins Gespräch zu kommen. Und dann sagte er zu ihr diesen einen unvergesslichen Satz: "Wenn Hannah Arendt Ihre Schüler heute sieht, dann lacht sie vor Freude in ihrem Grab." - - - Worte, die direkt ins Herz gingen. (Kühle) Vernunft ist eben nicht alles - auch oder schon gar nicht in der Philosophie. Vielleicht war dies die wichtigste Einsicht, die in diesen Tagen mit Cornel West gewonnen werden konnte.
Bettina Mußmann